Weisheiten des Konfuzius

N
ur gute Menschen sind imstande, zu lieben und zu has­sen.
Wer am Morgen den richtigen Weg erkannt hat, könnte am Abend ruhig sterben.

Der Edle versteht sich auf seine Pflicht, der kleine Mann versteht sich auf Gewinn.

Findest du einen Mann von Wert, so trachte, ihm gleich zu werden. Findest du einen Mann von Unwert, dann sieh in dich hinein und prüfe dich selbst.

Mit der Pflicht eines Sohnes gegen seine Eltern ist es wohl vereinbar, dass er in gewissen Grenzen ihnen wider­spricht. Wenn er aber sieht, dass sie nicht die Absicht haben, ihm zu folgen, ist er wiederum ehrfurchtsvoll, ohne ungehor­sam zu sein, und müht sich für sie ab, ohne zu murren.

Der Meister sagte von Tse-tsch'an, dass er vier Eigenschaften des Edlen habe. In seinem Betragen sei er höflich, in seinem Dienst für seinen Fürsten sei er ergeben, in der Fürsorge für das Volk sei er gütig und in der Regierung des Volkes sei er gerecht.
Besser als die Wahrheit kennen ist: die Wahrheit lieben. Besser als die Wahrheit lieben ist: Freude an ihr zu haben.
Als einer fragte, was das Gute sei, antwortete er: "Gut sein heißt, in erster Linie seine Pflicht tun, sei sie auch noch so schwer, und erst in zweiter Linie an den Erfolg denken. Das könnte man Gutsein nennen".
Der Weise findet seine Freude am Wasser, der Gute fin­det seine Freude an den Bergen. Der Weise ist in ständiger Bewegung, der Gute ist ruhig. Der Weise ist fröhlich, der Gute lebt lange.
Wenn der Meister beim Leichenmahl an der Seite des Leidtragenden saß, dann aß er sich nicht satt. An demselben Tage, an dem er geweint hatte, sang er nicht.
Der Meister sprach zu Yen Hui: Wenn man gebraucht wird, sich zur Verfügung stellen, wenn man entlassen wird, sich still zurückziehen, das ist nur dir und mir gegeben.
Vier Gegenstände lehrte der Meister: Bildung, sittliches Handeln, Treue und Aufrichtigkeit.
 Schrankenlose Höflichkeit wird krampfhaft, schranken­lose Achtsamkeit wird ängstlichkeit, schrankenloser Mut wird Gesetzlosigkeit, schrankenlose Gradheit wird verletzend. Wenn der Edle selbst im engsten Kreise unantastbar ist, wird das Volk auf den Weg des Guten gebracht. Wenn das von alters her überkommene nicht in Vergessenheit gerät, dann wird das Volk nicht schlecht.
Als der Meister am Strom stand, sprach er: "Alles fließt dahin wie dieser, Tag und Nacht ohne Unterlass.
 Die Jugend ist mit Achtung zu betrachten, denn wie kann man wissen, ob die Künftigen nicht besser als die Heu­tigen werden? Wenn aber einer vierzig oder fünfzig ist, ohne dass man von ihm gehört hätte, dann braucht man ihn nicht mehr zu achten."
Jan K'iu fragte nach dem Wesen des Guten, und der Mei­ster sprach:  "Wenn du unter Menschen kommst, sei zu ihnen so, als ob du einen hockgeehrten Gast empfingest, dann wird das Volk sich so wie bei einem feierlichen Opfer benehmen. Was du nicht wünscht, das man dir tu, das füge auch keinem anderen zu. Dann wirst du in deinem Heimatlande und in deiner Familie niemandes Unwillen erregen. Jan K'iu sprach:  Wenn ich sie auch nicht ganz begreife, möchte ich doch gern nach diesen Worten handeln."
Als Tse-lu fragte, wie man seinem Fürsten dienen solle, antwortete der Meister: " Täusche ihn nie, sondern tritt, wenn nötig, ihm offen entgegen.
 Dreifach ist der Weg des Edlen. Ich bin noch nicht im­stande gewesen, ihn zu gehen. In seiner Güte wird er von Sorge nicht beengt, in seiner Weisheit wird er von Zweifeln nicht beirrt, in seinem Mut wird er von Furcht nicht gehemmt". Tse-kung sprach darauf: " Das ist wie vom Meister selbst gesagt".
Als jemand fragte: " Was ist von dem Wort ,Vergilt Böses mit Gutem'  zu halten ?" , antwortete der Meister: " Womit soll man dann Gutes vergelten? Vergilt Böses mit Gerechtig­keit und Gutes mit Gutem.
 Wer nicht weit im Voraus denkt, wird alsbald Kummer haben."
Tse-kung fragte und sprach: " Gibt es ein einziges Wort, nach dem man sein ganzes Leben lang handeln könnte?" Der Meister sprach: " Ist Gegenseitigkeit nicht solch ein Wort? Was du nicht willst, das man dir tu, das füge auch keinem andern zu.
 Der Edle hütet sich vor drei Dingen: in der Jugendzeit. wenn die Kräfte des Blutes noch nicht gefestigt sind, hütet er sich vor der Sinnenlust, und in den Jahren der Manneskraft. wenn die Kräfte des Blutes gefestigt sind, hütet er sich vor der Streitlust. In den Jahren des Alters, wenn die Kräfte des Blutes schwinden, hütet er sich vor der Habsucht."
 Der Edle hat Ehrfurcht vor drei Dingen: Ehrfurcht vor dem Willen des Himmels, Ehrfurcht vor großen Persönlich­keiten und Ehrfurcht vor den Worten großer Männer. Der kleine Mann begreift nicht den Willen des Himmels und bat darum auch keine Ehrfurcht. Er verletzt die Achtung gegen­über großen Persönlichkeiten und spottet über die Worte großer Männer.
 Auf neun Dinge ist der Edle bedacht. Beim Schauen ist er bedacht auf Klarheit, beim Hören ist er bedacht auf Deut­lichkeit, in seinen Mienen auf Liebenswürdigkeit, in seinem Benehmen auf Höflichkeit, in seinen Worten auf Verläßlich­keit, in seinen Taten auf Achtsamkeit. Bei Zweifeln ist er darauf bedacht, sich zu unterrichten, und bei ärger bedenkt er die Schwierigkeiten, die daraus erwachsen können. Steht Gewinn in Aussicht, ist er darauf bedacht, was recht ist.
 Mit kleinen Leuten ist ebenso schwer umzugehen wie mit Frauen. Ist man familiär mit ihnen. dann werden sie unverschämt, hält man sich von ihnen fern, dann murren sie.
Tse-tschang fragte: " Was heißt die fünf ausgezeichneten Eigenschaften?" Der Meister sprach: " Der Edle ist bei aller Freigiebigkeit nicht verschwen­derisch. Er stellt dem Volk Aufgaben, ohne dass es darüber murrt. In seinen Wünschen ist er nicht gierig. Er ist würdig, ohne stolz, und majestätisch, ohne despotisch zu sein."
Tse-tschang sprach: " Was sind denn die vier schlechten Eigenschaften?" Der Meister sprach":  Jemanden töten, ohne ihn zuvor belehrt zu haben, was das Rechte ist, das heißt grausam sein. Ohne vorherige Belehrung Vollkommenheit verlangen, das heißt gewalttätig sein. Ver­spätet befehlen, aber auf dem kürzesten Termin bestehen, das heißt erpresserisch sein. Knauserig sein, wenn man anderen etwas zu geben hat, das heißt subaltern."

Quelle: H. Stange (Hg.), Die Weisheit des Konfuzius, Insel-Verlag Frankfurt 1964